Eine Mieterhöhung muss vom Vermieter mit den Begründungsmitteln des § 558 a Abs. 2 BGB begründet werden, zum Beispiel anhand eines Sachverständigengutachtens. Dafür darf der Vermieter einen Sachverständigen beauftragen. Der BGH hatte die Frage zu beantworten, ob ein solches Gutachten auch gültig ist, wenn der Gutachter die Wohnung, deren Miete erhöht werden soll, gar nicht gesehen hat.
Der BGH hat am 11.07.2018 zum Az: VIII ZR 190/17 zu dieser Frage eine Entscheidung getroffen und die Rechte der Vermieter gestärkt: Mieterhöhungen können mit einem Sachverständigengutachten begründet werden. Damit dieses formell wirksam ist, muss der Gutachter aber nicht zwingend die betroffene Wohnung oder eine Wohnung gleichen Typs besichtigt haben.
Vorliegend ging es um eine Mieterhöhung für deren Begründung sich der Vermieter auf ein Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen berief. Dieses Gutachten enthielt Angaben zur ortsüblichen Vergleichsmiete für die Wohnungen in dem Gebäude. Eine Besichtigung der Wohnungen sei nicht möglich gewesen, hieß es im Gutachten. Stattdessen wurde auf Besichtigungsdaten und Wohnungsbeschreibungen des Vermieters sowie Eindrücke des Sachverständigen aus früheren Besichtigungen in dem Haus zurückgegriffen. Die Wohnungen werden laut BGH etwa nach Zimmeranzahl und Modernisierungsgrad der Bäder kategorisiert.
Mit Gutachten formeller Begründungspflicht nachgekommen
Nach Ansicht des Gerichts sind durch die Angaben für den Mieter nachvollziehbare und jedenfalls im Ansatz überprüfbare Aussagen über die ortsübliche Vergleichsmiete und die Einordnung seiner Wohnung in dieses Preisgefüge getroffen worden. Wenn Mieter durch ein Gutachten zumindest ansatzweise selbst nachvollziehen können, ob die verlangte Mieterhöhung berechtigt ist, ist der Vermieter laut BGH seiner Begründungspflicht damit grundsätzlich nachgekommen.
Während die in § 558 a Abs. 2 Nr. 3 und 4 BGB erwähnten Begründungsmittel Sachverständigengutachten und Vergleichswohnungen im Prozess bei der Ermittlung der Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete bislang nur geringe Bedeutung haben, hat der Mietspiegel eine Doppelfunktion.
Für die Funktion als formales Begründungsmittel des qualifizierten Mietspiegel sind nur geringe Anforderungen zu stellen, da etwaige Mängel bei der Erstellung des Mietspiegels nicht mit der Folge zu Lasten des Vermieters berücksichtigt werden dürfen, so dass das Erhöhungsverlangen nicht als unwirksam zurückgewiesen werden kann und die Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete nicht mehr geprüft wird.
Enthält ein qualifizierter Mietspiegel, bei dem die Vorschrift des § 558d Abs. 2 BGB eingehalten ist, der also im Abstand von zwei Jahren der Marktentwicklung angepasst wird, Angaben für die Wohnung, so hat der Vermieter in seinem Mieterhöhungsverlangen diese Angaben auch dann mitzuteilen, wenn er die Mieterhöhung auf ein anderes Begründungsmittel – z.B. auf drei Vergleichsobjekte oder ein Sachverständigengutachten – stützt. Der Mietspiegel hat nämlich auch die Funktion eines antizipierten Sachverständigengutachtens.
Die sogenannte Orientierungshilfe für die Spanneneinordnung ist jedoch nicht Bestandteil des qualifizierten Berliner Mietspiegels, sie wird lediglich als Schätzgrundlage empfohlen (vergl. hierzu auch BGH-Urteil vom 20.04.2005 – VIII ZR 110/04). Bei der im Berliner Mietspiegel gegebenen Anleitung zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete unter Berücksichtigung der Sondermerkmale und der Spanneneinordnung (die nicht Bestandteil des qualifizierten Mietspiegels ist) handelt es sich nur um eine empfohlene Berechnungsmethode. Ob nunmehr im Sachverständigengutachten entsprechend umfangreiche Ausführungen erwartet werden können, ist indes fraglich.
Soweit der BGH nunmehr bei der Mieterhöhung mit dem Begründungsmittel Sachverständigengutachten nur noch auf die Zimmerzahl und den Modernisierungsgrad der Bäder abstellt, wird dieses Begründungsmittel ggf. künftig einfacher zu handhaben sein, als eine Bezugnahme auf den Mietspiegel, denn dann müssten zunächst die Sondermerkmale und anschließend die zusätzlichen Merkmale in den Merkmalgruppen „Bad/WC“, „Küche“, „Wohnung“, „Gebäude“ und „Wohnumfeld“ berücksichtigt werden . In Städten ohne qualifizierten Mietspiegel dürfte das Sachverständigengutachten nunmehr ohnehin eine interessante Möglichkeit zur Mieterhöhung werden.
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