Die Aufnahme eines Darlehens durch eine WEG kann ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen und wäre dann zulässig. Dabei kommt es auf die Umstände des Einzelfalls wie Darlehenszweck und alternative Finanzierungsmöglichkeiten an. (BGH, Urteil v. 25.9.2015, V ZR 244/14).
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Beitrag:
WEG beschließt Darlehensaufnahme
Wohnungseigentümer haben darüber gestritten, ob die Aufnahme eines Darlehens durch die WEG ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht und damit überhaupt zulässig ist. Die zugrunde liegende Wohnanlnlage wurde in den 1980er-Jahren errichtet. In einer Eigentümerversammlung im Jahr 2013 beschlossen die Wohnungseigentümer, eine Fassadensanierung mit förderfähiger Wärmedämmung durchzuführen. Die Kosten wurden mit 2 Millionen Euro veranschlagt. Zur Finanzierung der Maßnahme beschlossen sie, einen KfW-Förderkredit über 1.320.000 Euro aufzunehmen. Der restliche Betrag für die Sanierungsmaßnahme sollte über die Instandhaltungsrücklage aufgebracht werden.
Eine Wohnungseigentümerin hat gegen den Beschluss über die Darlehensaufnahme Anfechtungsklage erhoben.
Der BGH hat wie folgt entschieden:
Im konkreten Fall hielt der BGH den Beschluss über die Kreditaufnahme nicht für ordnungsgemäß.
Grundsatz ist jedoch: „WEG kann Kredit aufnehmen“
Im Wohnungseigentumsgesetz gibt es keine Regelung, wann die Gemeinschaft einen Kredit aufnehmen kann. Es muss das besondere Haftungsrisiko berücksichtigt werden. Wenn einzelne Wohnungseigentümer nicht zahlen, müssen die daraus resultierenden Fehlbeträge durch entsprechend höhere Beiträge der übrigen Eigentümer oder eine Sonderumlage ausgeglichen werden.
Eine solche faktische Nachschusspflicht kann zwar auch entstehen, wenn ein Vorhaben durch eine Sonderumlage finanziert wird und sich diese bei einzelnen Eigentümern als uneinbringlich erweist. Da eine Sonderumlage von den aktuellen Wohnungseigentümern aufzubringen ist, wird aber meist hinreichend sicher bekannt sein, ob mit einem Zahlungsausfall zu rechnen ist. Auch kann jedenfalls die Durchführung von Maßnahmen, die Aufschub dulden, davon abhängig gemacht werden, dass alle Eigentümer ihren Anteil an der Sonderumlage gezahlt haben.
Bei einem Darlehen hingegen lässt sich das Risiko, dass einzelne Eigentümer nicht zahlen können, nur sehr begrenzt abschätzen, denn in Anbetracht der langen Laufzeit ist eine zuverlässige Prognosen über die Bonität der Wohnungseigentümer nicht möglich. Zudem muss damit gerechnet werden, dass sich die Zusammensetzung der Gemeinschaft durch Eigentümerwechsel ändert.
Abwägung im Einzelfall
Angesichts dieses Haftungsrisikos jedes Eigentümers ist bei der Entscheidung über die Finanzierung einer Maßnahme durch ein hohes langfristiges Darlehen Zurückhaltung geboten. Ob sie ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht, lässt sich nur nach sorgfältiger Abwägung aller Umstände des Einzelfalls und unter Berücksichtigung der allseitigen Interessen der betroffenen Wohnungseigentümer feststellen.
Wesentlich kommt es auf den Zweck des Darlehens an. In erster Linie ist an Instandhaltungs- bzw. Modernisierungsmaßnahmen zu denken. Je dringender eine Maßnahme ist, desto eher treten andere Nachteile einer Finanzierung durch Darlehen bei der Abwägung zurück. Von Bedeutung ist ferner die Möglichkeit einer alternativen Finanzierung über die Instandhaltungsrücklage oder eine Sonderumlage. Dabei sind den mit einer Darlehensaufnahme einhergehenden Belastungen und Risiken die Vor- und Nachteile einer Finanzierung mittels Sonderumlage gegenüber zu stellen.
Eine Darlehensfinanzierung soll insbesondere in Betracht kommen, wenn eine Sonderumlage die einzelnen Wohnungseigentümer finanziell stark belastete oder gar die Leistungsfähigkeit einkommensschwächerer Eigentümer überfordere. Relevant sind zudem die Höhe des Darlehensbetrages im Verhältnis zu der Anzahl der Eigentümer, die Kreditkonditionen, die Laufzeit und die Rückzahlungsbedingungen.
Eine mehrheitlich beschlossene Kreditaufnahme muss hingegen keine Option für die Eigentümer enthalten, die Finanzierung selbst zu übernehmen und den auf sie entfallenden Kreditanteil als Sonderumlage zur Reduzierung des Darlehensbetrages einzuzahlen.
Anforderungen an Beschluss über Darlehensaufnahme
Die Beschlussfassung über die Aufnahme eines Darlehens muss gewissen Anforderungen genügen. Der Beschluss muss folgende Angaben enthalten:
-Zu finanzierende Maßnahme
-Höhe des Darlehens
-Laufzeit des Darlehens
-Höhe des Zinssatzes bzw. des nicht zu überschreitenden Zinssatzes
Außerdem muss aus dem Beschluss ersichtlich sein, ob die Tilgungsraten so angelegt sind, dass der Kredit am Ende der Laufzeit getilgt ist.
Ferner muss vor der Beschlussfassung wegen des in die Zukunft verlagerten Risikos der Zahlungsunfähigkeit einzelner Wohnungseigentümer die im Innenverhältnis bestehende Nachschusspflicht der Wohnungseigentümer in der Eigentümerversammlung erörtert werden. Dies ist im Versammlungsprotokoll zu dokumentieren.
Im vorliegenden Fall sah der BGH den Kreditbeschluss deshalb nicht als ordnungsgemäß an, weil aus dem Versammlungsprotokoll nicht ersichtlich ist, dass die Eigentümer über das Risiko einer Nachschusspflicht unterrichtet worden sind.
(BGH, Urteil v. 25.9.2015, V ZR 244/14)