Mit dem am 13. Juni 2014 in Kraft getretenen Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung ist das Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen auch auf das Mietrecht ausgeweitet worden.
Ein solches Widerrufsrecht besteht allerdings nur, wenn es sich bei einem Mietvertrag entsprechend § 312 Abs. 1 BGB um einen Verbrauchervertrag im Sinne des §§ 310 Abs. 3 BGB handelt, der eine entgeltliche Leistung des Unternehmers zum Gegenstand hat. Hierfür muss der Vermieter die Unternehmereigenschaft besitzen. Ob danach private Vermieter als Unternehmer anzusehen sind, ist noch ungeklärt.
Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 23. Oktober 2001 (XII ZR 63 / 01) ist die Verwaltung eigenen Vermögens nicht als gewerbliche Tätigkeit zu qualifizieren. Nach Auffassung des BGH soll der Umfang der mit der Vermögensverwaltung verbundenen Geschäfte ausschlaggebendes Kriterium für die Abgrenzung zwischen einer privaten und einer berufsmäßig betriebenen Vermögensverwaltung sein. Bei der Vermietung von Immobilien soll es daher nicht auf die Größe der Immobilie selbst ankommen, sondern auf Umfang, Komplexität und die Anzahl der ihrer Verwaltung verbundenen Vorgänge. Brauchbare Kriterien für die Abgrenzung enthält die Entscheidung des Bundesgerichtshofes nicht.
Das Landgericht Waldshut-Tiengen hat in seinem Urteil vom 30. April 2008 (Az. 1 S 27 / 07) die Vermietung von acht Wohnungen in einem Wohngebäude als eine bloße Verwaltung eigenen Vermögens qualifiziert.
Ähnlich hat das Oberlandesgericht Düsseldorf am 12.1.2012 (Az. 24 U 72 / 09) für die Vermietung von fünf Wohnungen und drei Gewerbeeinheiten durch Beschluss entschieden.
Hingegen hat das Amtsgericht Hannover in seinem Urteil vom 24.9.2009 (Az. 414 C6115 / 09) entschieden, dass auch private Vermieter unternehmerisch tätig seien, zumindest dem Grundsatz nach. Für eine unternehmerische Tätigkeit spreche es, wenn der Vermieter als planvoll am Wohnungsmarkt tätiger Anbieter erscheine und erkennbar die Entscheidung getroffen habe, zumindest einen Teil seiner Einkünfte durch Vermietungen zu erzielen, so dass die Schwelle zum „Gelegenheitsvermieter“ überschritten sei. Als Beispiel einer privaten Vermögensverwaltung hat das Amtsgericht die Vermietung lediglich einer einzelnen Einliegerwohnung genannt.
Demnach sollte jeder Vermieter, der mehr als eine Einheit vermietet, vorsichtshalber davon ausgehen, von der Rechtsprechung als Unternehmer im Sinne des §§ 14 BGB angesehen zu werden.
Der zur Umsetzung der EU-Richtlinie neu eingeführte § 312 Abs. 4 BGB regelt, dass nicht alle Vorschriften der Verbraucherrechts-Richtlinie auf Verträge über Wohnraum anwendbar sind. Insbesondere bei der Begründung eines Mietverhältnisses über Wohnraum wird die Anwendung der Vorschriften beschränkt, jedenfalls dann, wenn der Mieter die Wohnung vor Abschluss des Mietvertrages besichtigt hat. In diesem Fall steht ihm kein Widerrufsrecht zu. Bei langfristig angedachten Wohnungsmietverträgen wird es selten vorkommen, dass der Mieter die Wohnung nicht besichtigt hat.
Wird jedoch der Vertrag gemäß § 312 c BGB im Rahmen eines Fernabsatzvertrages oder gemäß § 312 b BGB außerhalb von den Geschäftsräumen des Vermieters oder dessen Vertreter abgeschlossen, so besteht das Widerrufsrecht. Dies betrifft meist Ferienwohnungen und sonstige Wohnungen zur Kurzzeitmiete. Den Vermieter treffen zudem weitere Informationspflichten.
Er musste Mieter über folgende Punkte informieren:
• Die wesentlichen Eigenschaften der Wohnung
• die Identität, Anschrift und Telefonnummer des Vermieters
• die Höhe der monatlichen Miete
• die Zahlungsmodalitäten und den Vertragsbeginn
• das Bestehen des gesetzlichen Mängel- Haftungsrechts (Mietminderung, Schadensersatz und Aufwendungsersatz)
• die Kündigungsmöglichkeiten bei unbefristeten Verträgen und die Vertragsdauer bei befristeten Verträgen
• die Bedingungen der Kaution
Erfüllt der Vermieter diese Informationspflicht nicht, verletzt er seine vorvertraglichen Nebenpflichten. Für daraus entstehende Schäden kann der Mieter Ersatz verlangen. Die Erfüllung der Informationspflichten hat jedoch keine Auswirkungen auf die Widerrufsfrist.
Der Vermieter muss seinen Mieter über das Widerrufsrecht insbesondere in folgenden Fällen belehren:
• Mieterhöhungen nach § 557 BGB
• Vereinbarungen über Betriebskosten
• Kautionsvereinbarungen
• Aufhebungsvereinbarungen
• Modernisierungsvereinbarungen
• Nachträgliche Vereinbarungen (zum Beispiel über Schönheitsreparaturen)
Streitig oder problematisch ist das Widerrufsrecht in folgenden Fällen:
• Mieterhöhungen nach § 558 BGB und daher bei der Mietanpassung auf die ortsübliche Vergleichsmiete. Vermietervereine, insbesondere Haus & Grund vertreten die Rechtsansicht, dass keinWiderrufsrecht bestünde, da dem Mieter hier schon nach § 558b BGB eine Überlegungsfrist bis zum Ablauf des zweiten Kalendermonats nach dem Zugang des Mieterhöhungsverlangens eingeräumt wird. Diese Regelung diene bereits dem Verbraucher-/Mieterschutz und gehe daher als Spezialvorschrift den Regelungen des Widerrufsrechts vor.
Hiergegen ist einzuwenden, dass dem Verbraucher bezüglich seiner eigenen Zustimmungserklärung ein Widerrufsrecht eingeräumt werden soll, diese erst zum Ablauf der Überlegungsfrist geschuldet ist und der Gesetzgeber in Kenntnis des § 558 BGB die Überlegungsfrist in §312 Abs. 3 BGB nicht berücksichtigt und das neue Widerrufsrecht somit nichts mit der Überlegungsfrist zu tun hat.
Mieteranwälte lassen den Mieter als Verbraucher daher die Zustimmungserklärung zur Mieterhöhung am letzten Tag der Überlegungsfrist abgeben und erklären dann nach Ablauf der Klagefrist den Widerruf der Zustimmungserklärung. Der Vermieter muß dann erneut eine Mieterhöhungserklärung abgeben und dieses Mal das Widerrufsrecht beachten.
• Mieterhöhungen nach § 559 BGB, da es sich hierbei um einen gesetzlichen Anspruch und keine Vereinbarung handelt.
• Anpassungen der Betriebskostenvorauszahlungen nach § 560 BGB, da diese keine Vereinbarungen sind, sondern von beiden Seiten einseitig vorgenommen werden können.
• Vor Gericht abgeschlossene Vergleiche.
Steht dem Mieter ein Widerrufsrecht zu, kann er innerhalb von 14 Tagen nach Vertragsschluss bzw. Vertragsänderung oder-ergänzung formlos widerrufen. Belehrt der Vermieter seinen Mieter erst nach Vertragsschluss bzw. Vertragsänderung oder-ergänzung, beginnt die Widerrufsfrist erst ab dem Zugang der nachträglich erteilten Widerrufsbelehrung zu laufen. Belehrt er überhaupt nicht, so beträgt die Widerrufsfrist 1 Jahr und 14 Tage.
Der Mietvertrag bzw. die Vertragsänderung oder -ergänzung muss nach Ausübung des Widerrufsrechts rückabgewickelt werden. Beide Seiten müssen die jeweils empfangenen Leistungen innerhalb von 14 Tagen zurückerstatten. Der Vermieter muss also beispielsweise dem Mieter sämtliche im Zusammenhang mit dem Mietvertrag erhaltenen Zahlungen zurückgewähren.
Der Mieter hingegen kann die tatsächliche Nutzung der Wohnung nicht herausgeben. Er schuldet dem Vermieter aber nur dann einen Wertersatz, wenn der Vermieter den Mieter hierüber im Rahmen der Widerrufsbelehrung belehrt hat.
Da die meisten Musterverträge aber auch Mieterhöhungen und sonstige nachträglichen Vereinbarungen keine Widerrufsbelehrung enthalten, ist das Widerrufsrecht kein unbeachtliches Risiko.
Bundesweite Hotline: 0800-110304089
Rechtsanwaltskanzlei Stefan Göttlich
Brauerstrasse 15
12209 Berlin
Telefon: 0800-110304089
Telefax: +49 30 88713187
E-Mail: sekretariat@goettlich.de