Auskunftsansprüche WEG und geschlossene Fondsgesellschaften
1. WEG:
Selbstverständlich hat der einzelne Wohnungseigentümer in einer Wohnungseigentümergemeinschaft gegenüber dem Wohnungseigentumsverwalter einen Anspruch auf Auskunftserteilung über Namen und Anschriften aller Wohnungseigentümer. Die Auskunftsverpflichtung des Verwalters ergibt sich aus dem Gesetz (§§ 675, 666 BGB) und aus dem Verwaltervertrag. Jeder Wohnungseigentümer hat das Recht, über den Bestand der Wohnungseigentümergemeinschaft informiert zu werden, er darf und muss auch wissen, wie sich die Eigentümer-Gemeinschaft im Einzelnen zusammensetzt. Bestehen Anhaltspunkte dafür, dass die vom Wohnungseigentumsverwalter erteilte Auskunft (Eigentümerliste) nicht mit der notwendigen Sorgfalt erteilt worden ist, steht dem auskunftsbegehrenden Wohnungseigentümer kein Auskunftsergänzungsanspruch, jedoch ein Anspruch auf eidesstattliche Versicherung der Richtigkeit der gemachten Angaben gegenüber dem Verwalter zu. Hierauf weist das Landgericht Saarbrücken in einem Beschluss vom 18.1.2006 (Aktenzeichen 5 T 375/05) hin.
2. Publikums-Fondsgesellschaft:
Die gleiche Frage, ob und unter welchen Umständen die mittelbar an Publikumsgesellschaften beteiligten Anleger Daten der weiteren mittelbar beteiligten Gesellschafter erhalten können, war lange umstritten. Mit der zunehmenden rechtlichen Auseinandersetzung in kriselnden oder wirtschaftlich gescheiterten Fonds kommt dieser Frage neue Bedeutung zu. Die den Fonds verwaltenden Gründungsgesellschafter versuchen die entsprechenden Auskünfte zu verweigern. Wesentlicher Grund der Weigerung sollten Regelungen des Gesellschaftsvertrages und des Treuhandvertrages (Anonymitätsklausel) oder gesetzliche datenschutzrechtliche Gründe sein. In Wahrheit dürfte es dem Initiatorenkreis hingegen darum gehen, ein organisiertes Vorgehen eines nennenswertes Quorums der Anleger zu verhindern.
Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 11. Januar 2011 (Az. II ZR 187/09) sowie des Oberlandesgerichts (OLG) München vom 18. Mai 2011 Az.: 7 U 190/11 und hierauf aktuell – Urteil vom 5. Februar 2013 (Az.: II ZR 134/11) – zeigen, dass sich die Argumentationen der Gerichte im Spannungsfeld zwischen dem Wunsch einzelner Anleger nach Offenlegung der Gesellschafterdaten und dem Interesse anderer Anleger oder der Fondsgeschäftsführung und des Treuhänders nach Anonymität bewegen.
Ferner war fraglich, gegen wen sich ein Auskunftsanspruch richten soll. In Frage kommen die Gesellschaft, die geschäftsführenden Gesellschafter und/oder der Treuhänder.
Entscheidung des BGH vom 11. Januar 2011
Der BGH hat in seinem Urteil vom 11. Januar 2011 (Az. II ZR 187/09) die Auskunftsansprüche von Anlegern einer Publikumsgesellschaft bejaht. Das Recht, seinen Vertragspartner zu kennen, gehört nach Ansicht des BGH zum unverzichtbaren Kernbereich der Gesellschaftsrechte in der Personengesellschaft und sei in jedem Vertragsverhältnis selbstverständlich.
Die Anleger (Treugeber) können Auskünfte über die Namen und Anschriften der anderen Treugeber verlangen. Der BGH klassifizierte dabei das Rechtsverhältnis der Treugeber untereinander auf Grundlage der im konkreten Fall getroffenen vertraglichen Vereinbarungen als Innengesellschaft bürgerlichen Rechts. Das Urteil betrifft damit nur Fonds, in denen die Anleger auf Treugeberebene außerhalb der Fondsgesellschaft im Verhältnis zum Treuhänder aufgrund der besonderen Ausgestaltung des Treuhandvertrages eine BGB-Innengesellschaft bilden. Bei den meisten Fonds werden den Anlegern hingegen durch den Gesellschaftsvertrag und den Treuhandvertrag die gleichen Rechte wie unmittelbar beteiligten Kommanditisten eingeräumt. Da dieses gesellschaftsrechtliche Innenverhältnis nur gegeben ist, wenn der Treuhandvertrag den Anlegern eigene Rechte verleiht, blieb nach dem BGH-Urteil die Frage offen, ob Treugeber auch in anderen Fallkonstellationen einen entsprechenden Auskunftsanspruch haben können.
Entscheidungen des OLG München vom 18. Mai 2011
Diesbezüglich ist das OLG München am 18. Mai 2011 in mehreren Urteilen (Az. 7 U 190/11; 7 U 237/11; 7 U 4847/10) zu der Entscheidung gekommen, dass einem Anleger, der über einen Treuhandkommanditisten an einer Publikumsgesellschaft beteiligt ist, ein Auskunftsanspruch gegenüber der Publikumsgesellschaft auch dann zusteht, wenn er mit den anderen Anlegern keine Innengesellschaft bürgerlichen Rechts bildet.
Im Unterschied zu dem vom BGH entschiedenen Fall enthielt der dieser Entscheidung zugrunde liegende Treuhandvertrag keine Regelungen über das Rechtsverhältnis der Treugeber untereinander, sondern die Anleger wurden wie Direktkommanditisten behandelt. Aufgrund der Klauseln in einer solchen Konstellation seien die Treugeber wie unmittelbare Gesellschafter zu behandeln. Daraus ergebe sich ein Auskunftsanspruch des Treugebers direkt gegen die Publikumsgesellschaft auf Namen und Anschriften der übrigen Treugeber und der Mitgesellschafter. Ein Anspruch gegen die Treuhandgesellschaft bestehe hingegen nicht, da der sich grundsätzlich aus dem Treuhandverhältnis ergebene Anspruch im vorliegenden Fall wirksam vertraglich ausgeschlossen wurde. Ein solcher Ausschluss sei zwar grundsätzlich unwirksam, weil damit die Möglichkeit der Einberufung einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung faktisch beseitigt werde; vorliegend stehe dem Treugeber jedoch ein entsprechender Auskunftsanspruch gegen die Gesellschaft zu. Zudem habe der Treugeber einen Anspruch auf Auskunft über die jeweiligen Beteiligungshöhen der Mitgesellschafter, da dies mit Blick auf das Haftungsrisiko sowie das für die Einberufung von Gesellschaftsversammlungen erforderliche Quorum geboten sei.
Diesem Auskunftsanspruch stehe laut OLG München auch aus datenschutzrechtlichen Gründen kein schützenswertes Geheimhaltungsinteresse entgegen. Ob sich der Auskunftsanspruch des unmittelbar beteiligten Kommanditisten auch auf die Namen und Anschriften der Treugeber erstreckt, wird vom OLG München offen gelassen.
Anhand dieser Rechtsprechung war jedoch eine Tendenz erkennbar, dass den Anlegern einer Publikumsgesellschaft in der Regel ein Anspruch auf Auskunft über die Namen und Anschriften seiner Mitgesellschafter sowie der Beteiligungshöhe zusteht unabhängig davon, ob er sich unmittelbar oder mittelbar über eine Treuhandgesellschaft an der Publikumsgesellschaft beteiligt hat. Ob sich der Anspruch dabei gegen die Publikumsgesellschaft oder gegen die Treuhandgesellschaft richtet, sollte hingegen von der jeweiligen Ausgestaltung des Gesellschafts- und ggf. des Treuhandvertrages abhängig sein.
In allen drei Urteilen des OLG München wurde die Revision beim BGH zugelassen. Dieser hat nunmehr wie folgt entschieden:
Entscheidung des BGH – Urteil vom 5. Februar 2013 (Az.: II ZR 134/11)
Nach dieser aktuellen Entscheidung des BGH können Anleger, die sich über einen Treuhänder an einem geschlossenen Fonds in Form einer Publikums-KG beteiligt haben, Auskunft über Namen und Anschriften der übrigen beteiligten Anleger verlangen, wenn sie im Innenverhältnis der KG die Stellung eines unmittelbaren Gesellschafters einnehmen. Den Anlegern von Publikumsgesellschaften in der Form von Kommanditgesellschaften steht ein Recht auf Auskunftserteilung auch gegen deren geschäftsführenden Gesellschaftern oder der Treuhandkommanditistin und den geschäftsführenden Gesellschaftern zu.
Die Klagenden haben die Ansicht vertreten, ihnen stünde ein Recht auf Kenntnis der Identität der anderen an dem jeweiligen Fonds beteiligten Anleger zu, da sie ohne diese Kenntnis ihre Gesellschafter- oder Treugeberrechte nicht ordnungsgemäß ausüben könnten. Die Beklagten haben die verlangten Auskünfte unter anderem unter Hinweis auf ein schützenswertes Anonymitätsinteresse der nur über einen Treuhänder beteiligten Anleger und die Gefahr der missbräuchlichen Verwendung der Daten (insbesondere durch Anlegeranwälte) verweigert.
Der BGH hat darauf abgestellt, dass die als Treugeber beigetretenen Anleger nach den bei ihrem Beitritt von allen – unmittelbar oder mittelbar – beigetretenen Anlegern als für ihre Rechtstellung verbindlich anerkannten Regelungen in den Gesellschaftsverträgen der Fondsgesellschaften, auf die die jeweiligen Treuhandverträge Bezug nehmen, im Innenverhältnis den als Kommanditisten beigetretenen Anlegern in Rechten und Pflichten gleichgestellt sind. Ein Kommanditist hat ebenso wie der Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts und einer offenen Handelsgesellschaft einen aus seinem Mitgliedschaftsrecht folgenden Anspruch auf Kenntnis der Identität seines gesellschaftsvertraglichen Vertragspartners. Wegen der in den Gesellschaftsverträgen erfolgten Gleichstellung der Treugeber mit den (unmittelbaren) Kommanditisten steht dieser Anspruch auch den nur über einen Treuhänder beigetretenen Anlegern zu und kann in den Gesellschafts- und Treuhandverträgen nicht ausgeschlossen werden.
Hinreichende Anhaltspunkte für eine konkrete Gefahr des Missbrauchs der Daten durch die klagenden Anleger selbst oder unter deren Beteiligung waren in den entschiedenen Fällen nicht erkennbar.
Da Namen, Anschriften sowie die Beteiligungshöhe der Treugeber meist nur der Treuhänderin oder der Fondsgesellschaft bekannt sind, müssen diese nunmehr alle Anlegerdaten preisgeben. Die Beteiligungs- und Treuhandverträge enthalten Regelungen, nach denen die Anleger keinen Anspruch darauf haben, dass ihnen vom Treuhänder oder der Gesellschaft die dort bekannten Daten der anderen Anleger mitgeteilt werden, sind unwirksam.
Grundlagen Urteile:
- BGH-Urteil vom 5. Februar 2013 (Az.: II ZR 134/11)
- LG München I – Urteil vom 3. Dezember 2010 (Az.: 6 O 7299/10)
- OLG München – Urteil vom 18. Mai 2011 (Az.: 7 U 190/11
- BGH II ZR 136/11) Urteil vom 11. Januar 2011 (Az. II ZR 187/09)