Miete bei Flächenabweichung im Wohn- und Gewerbemietrecht
Problem Flächenangabe
Grundsätzlich begründen Flächenabweichungen aufgrund falscher Quadratmeterzahl einen Sachmangel der Mietsache. Nach ständiger Rechtsprechung im Wohnungsmietrecht, so zum Beispiel in der BGH Entscheidung vom 10.03.2010, Az. VIII ZR 144/09, ist grundsätzlich jede Flächenabweichung der tatsächlichen Wohnfläche von der im Mietvertrag festgelegten, ein Mangel der Mietsache gem. § 536 BGB, der eine Minderung begründen kann, jedoch nur, wenn diese wesentlich und damit nicht nur geringfügig ist. Wesentlich ist nach der Rechtsprechung des BGH eine Flächenabweichung von mehr als 10 %. Natürlich ist die Miete die Gegenleistung für die zur Verfügung stehende gemietete Fläche. Erweist sich die gemietete Fläche als geringer als die im Mietvertrag bezeichnete Fläche, zahlt der Mieter mehr Miete, als er als Gegenleistung erhält.
Die verfügbare Nutzfläche ist auch im Gewerbemietrecht ein wertbildender Faktor und bestimmt aufgrund der gegebenen Nutzungsmöglichkeiten die Höhe der Miete, aber auch den Verkehrswert der Immobilie, falls der Eigentümer das Objekt finanzieren, beleihen oder verkaufen möchte. Im Übrigen ist die vermietete Fläche auch im Rahmen der Abrechnung der verbrauchsabhängigen Betriebskosten, bei denen die Umlage auf eine bestimmte Fläche vereinbart sein muss, relevant.
Aber ganz so einfach ist es nicht.
Was steht im Mietvertrag?
Idealerweise bezeichnen die Parteien im Mietvertrag die maßgebliche Fläche und die Berechnungsmethode nach der diese berechnet worden ist. Problem ist aber, dass die Flächenangabe als solche noch keine zuverlässige Aussage über die Nutzfläche darstellt. Dies hängt schon damit zusammen, dass die gleiche Wohnung nach verschiedenen technischen Berechnungsmethoden vermessen werden kann und jeweils ein anderes Ergebnis herauskommen kann, je nachdem welche Höhe unter den Dachschrägen oder die Größe der Balkone und Terrassen oder Zugangsbereiche von Gebäuden mit berücksichtigt werden. So sollte im Mietvertrag immer die Berechnungsmethode zum Zeitpunkt der Errichtung angegeben werden, weil ein Gebäude nur wegen Änderung der Berechnungsmethode nicht mangelhaft wird. Gibt man im Vertrag nichts an, so wird hingegen immer die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses gültige Berechnungsnorm herangezogen, was für den Vermieter bereits einen ursprünglichen Mangel der Mietsache begründen kann. Beispielsweise wurden Wohngebäude bis ca. 1978 nach der DIN 283 errichtet, die durch die DIN 277 ersetzt wurde. Im Bereich des Gewerberaums kommt noch die gif Nutzfläche und im Wohnbereich die II. Berechnungsverordnung oder die Wohnflächenverordnung in Betracht. Auf den Inhalt der Berechnungsmethoden komme ich später zurück. So hat der BGH mit Entscheidung vom 05.12.2018 Az: VIII ZR 61/18 erneut bestätigt (zuvor VIII ZR 271/11), dass immer der Maßstab zum Errichtungszeitpunkt heranzuziehen ist. Dort heißt es:
„Ein Mangel, der die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt oder mindert und deshalb dem Mieter (unter anderem) ein Recht zur Mietminderung (§ 536 Abs. 1 BGB) sowie einen Anspruch auf Mangelbeseitigung (§ 535 Abs. 1 Satz 2 BGB) gewährt, setzt eine für den Mieter nachteilige Abweichung des tatsächlichen Zustandes der Mietsache vom vertraglich vorausgesetzten Zustand voraus. Ohne besondere Vereinbarung der Mietvertragsparteien kann der Mieter dabei nach der Verkehrsauffassung erwarten, dass die von ihm angemieteten Räume einen Wohnstandard aufweisen, der bei vergleichbaren Wohnungen üblich ist. Gibt es zu bestimmten Anforderungen technische Normen, ist jedenfalls deren Einhaltung geschuldet. Dabei ist nach gefestigter Senatsrechtsprechung grundsätzlich der bei Errichtung des Gebäudes geltende Maßstab anzulegen.“
Die Rechtsprechung sieht in Angaben zur Mietfläche zunächst eine Beschaffenheitsvereinbarung, die der Objektbeschreibung dient (BGH VIII ZR 138/06 in WUM 2007, 450; OLG Dresden NZM 2003, 27). Einer bloßen Zahlenangabe lasse sich nicht entnehmen, dass der Vermieter über die Beschreibung hinaus garantiemäßig haften wolle. Gleiches ist anzunehmen, wenn der Vermieter oder ein Beauftragter Makler das Objekt zunächst mit einer bestimmten Größe inseriert hat.
Aufgrund einer Beschaffenheitsvereinbarung darf der Mieter eine bestimmte Fläche erwarten. Allerdings begründet nicht jede Abweichung einen Mangel. Es gibt eine Größentoleranz. Dies führt zur Wesentlichkeitsgrenze.
Wesentlichkeitsgrenze: Abweichungen ab 10 % begründen Sachmangel
Nicht jede Flächenabweichung begründet einen Sachmangel. Voraussetzung eines Sachmangels ist, dass die Gebrauchsfähigkeit der Mietsache in erheblicher Art und Weise beeinträchtigt ist.
Nach der BGH Rechtsprechung wirkt sich eine Flächenabweichung erst dann als erheblich aus, wenn die Abweichung der tatsächlichen Nutzfläche gegenüber der vereinbarten Quadratmeterzahl mehr als 10 Prozent beträgt (BGH VIII ZR 256/09 in WuM 2005, 712; ZMR 2007,764). Der Mieter kann in diesem Fall die Miete mindern, ohne dass es darauf ankommt, ob der Mangel die Gebrauchstauglichkeit überhaupt beeinträchtigt (BGH WuM 2004, 336).
In diesem Fall schadet auch die Angabe einer ca. Mietfläche nicht (BGH NJW 2010, 2648). Sie beinhalte, dass auch der Mieter auf die Größe keinen allzu großen Wert lege, sondern vielmehr bereit sei, eine gewisse Größentoleranz zu akzeptieren. Erst bei einer Abweichung von mehr als 10 Prozent werde eine Grenze überschritten.
Der BGH hat die im Wohnraummietrecht bestimmte Wesentlichkeitsgrenze bei Flächenabweichungen ausdrücklich auch auf die Gewerberaummiete übertragen und dort dem Mieter ebenfalls ein Minderungs- und Kündigungsrecht bei einer Flächenabweichung von mehr als 10 Prozent zugestanden (BGH XII ZR 254/01 in NZM 2005, 500). Ein Kündigungsrecht nach der Übernahme der Mieträume muss jedoch zeitgerecht ausgeübt werden, sobald der Mieter den Mangel erkennt.
Weicht die Quadratmeterzahl weniger als 10 % ab oder liegt sie genau bei 10 %, begründet dies einen Sachmangel nur, wenn zudem die Gebrauchstauglichkeit erheblich beeinträchtigt wird (KG Berlin ZMR 2005, 950). Dies sind eher Ausnahmefälle. Im Gewerbemietrecht kann dies beispielsweise der Fall sein, wenn der Mieter eine Maschine aufstellen muss. Andernfalls muss der Mieter Abweichungen bis zu 10 % eher akzeptieren.
Haftungsausschluss möglich
An einer Vereinbarung der Wohnfläche als Teil des Mietgegenstandes fehlt es nach der Rechtsprechung des BGH dann, wenn dies im Mietvertrag ausdrücklich ausgeschlossen wurde, so BGH Urteil vom 10. November 2010, Az. VIII ZR 306/09.
In diesem Fall wurden durch folgende Klausel mietvertragliche Ansprüche wegen einer Flächenabweichung von vornherein verhindert:
„Vermietet werden (…) folgende Räume: Die Wohnung (…) bestehend aus (…) zur Benutzung als Wohnraum, deren größe ca. 54,78 qm beträgt. Diese Angabe dient wegen möglicher Messfehler nicht zur Festlegung des Mietgegenstandes. Der räumliche Umfang der gemieteten Sache ergibt sich vielmehr aus der Anzahl der vermieteten Räume.“ (BGH VIII ZR 306/09, Rn. 2)
Haben die Parteien somit vereinbart, dass die Anzahl der vermieteten Räume als Berechnungsgrundlage für die Miete maßgebend ist, ist die im Mietvertrag bezeichnete Nutzflächenangabe wegen „möglicher Messfehler“ nicht relevant (BGH VIII ZR 306/09). Hierin liegt die Möglichkeit zur Vermeidung einer Haftung auf Rückzahlung und Minderung.
Zusicherung einer Flächengröße begründet immer einen Sachmangel
Auf die Wesentlichkeitsgrenze kommt es nicht an, wenn der Vermieter die Größe der Nutzfläche zugesichert hat. Die bloße Angabe der Quadratmeterzahl in einem Zeitungsinserat oder im Mietvertrag stellt noch keine Zusicherung der Fläche dar. (OLG Dresden WuM 1998, 144). Regelmäßig müssen Umstände hinzutreten, die Rückschlüsse darauf erlauben, dass der Vermieter über die reine Beschreibung hinaus garantiemäßig haften will.
Eine Zusicherung wird in folgenden Fällen angenommen:
- bei der Vereinbarung eines Quadratmeterpreises (KG Berlin GE 2002, 257; LG München WuM 1987, 217)
- wenn der Vermieter die Fläche ausdrücklich garantiert (LG Mönchengladbach ZMR 1988, 178)
- oder die Fläche als Berechnungsfaktor für die Miete herangezogen wird (LG München WuM 1987, 217)
- oder der Mieter die Eignung der Räumlichkeiten ausdrücklich von einer bestimmten Größe abhängig gemacht hat (OLG Hamm ZMR 1998, 90 bei einer Lagerhalle).
- Die Angabe einer ca. Fläche beinhaltet keine Zusicherung, da der Vermieter damit offensichtlich keine Gewähr übernehmen möchte (BGH NJW 1991, 912). Allerdings schließt die Angabe einer „ca. Fläche“ die Zusicherung dann nicht aus, wenn die Fläche auf die Dezimalstelle genau angegeben und der Vermieter damit eine besondere Gewähr der Richtigkeit zum Ausdruck brachte (OLG Hamm NJW-RR 1998, 152).
Lässt sich eine Zusicherung und damit eine garantiemäßige Haftung begründen, haftet der Vermieter auf Minderung, unabhängig davon, wie groß oder erheblich die Flächenabweichung tatsächlich ist. Es gilt dann keine „Wesentlichkeitsgrenze“. Dann ist jeder Mangel relevant und begründet einen Mangel.
Die Angabe der Quadratmeterzahl kann unverbindlich sein, wenn der Vermieter ausdrücklich im Mietvertrag darauf hinweist (BGH WuM 2011, 11). Dann besteht kein Minderungsrecht. Legt der Mieter auf eine bestimmte Fläche Wert, muss er im Mietvertrag darauf dringen, dass diese entsprechend erfasst und als verbindlich zugesichert bezeichnet wird.
Formulierungsvorschlag für eine Klausel zur Flächenberechnung
… „ Die Berechnung der Mietflächen erfolgt nach der Bruttogrundfläche gemäß DIN 277. Unwesentliche Abweichungen bis zu +/- 3 % gelten als unerheblich, so dass der Mieter aus diesem Umstand keine Gewährleistungsansprüche und der Vermieter keine höhere Miete begründen kann. Erst bei einer Abweichung von mehr als +/- 3 % wird die Miete angepasst.“
Es kommt nicht darauf an, ob der Mieter die Räumlichkeiten vorher besichtigt hat oder ihm die Flächenabweichung zunächst nicht aufgefallen ist (BGH ZMR 2004, 496).
Vorkorrespondenz entscheidet mit
Findet sich im Mietvertrag keine weitere Angabe, kann sich die Angabe der Quadratmeterzahl auch aus den vorvertraglichen Begleitumständen (Zeitungsanzeige, Objektbeschreibung des Maklers, Korrespondenz zwischen Mieter und Vermieter) ergeben, soweit daraus erkennbar ist, dass die Angabe der Nutzfläche für die Mietentscheidung des Mieters bedeutsam war. (BGH VIII ZR 256/09 in WuM 2010, 480). Dem Makler muß daher vorgegeben werden, dass er mit exakt der Fläche wie im Mietvertrag und nichts anderem werben darf.
Auch wenn die BGH-Entscheidung zur Wohnraummiete ergangen sind, ist sie auch auf das Gewerbemietrecht übertragbar (BGH VIII ZR 256/09).
Im BGH-Fall hatte der vom Vermieter beauftragte Makler dem Mieter vor Mietvertragsabschluss eine Skizze der Wohnung und eine Wohnflächenberechnung nach der II. Berechnungsverordnung übergeben. Daraus ergab sich unter Angabe der Wohnflächen eines jeden einzelnen Raumes eine Gesamtgröße der Wohnung von 76,54 qm. Tatsächlich betrug die Wohnfläche lediglich 59,65 qm. In diesem Fall urteilte der BGH, dass die Parteien eine konkludente (stillschweigende) Vereinbarung über die Größe der Mietfläche über 76,54 qm getroffen hatten. Da aufgrund dieser Gegebenheiten beide Parteien die Vorstellung hatten, die Wohnung habe eine Gesamtwohnfläche von 76,54 qm, war diese Vorstellung Grundlage zum Abschluss des Mietvertrages.
Wie wird die Nutzfläche berechnet?
Im nächsten Schritt kommt es darauf an, wie die Fläche berechnet wird. Denn mit der Feststellung, dass eine Flächenabweichung vorliege, bleibt immer noch offen, nach welchem Maßstab die Fläche berechnet werden soll.
Gesetzliche Grundlagen
Es gibt für Gewerbeflächen keine allgemein verbindliche Berechnungsvorschrift. Die Wohnflächenverordnung gilt jedenfalls nicht. Im Idealfall ist die maßgebliche Berechnungsgrundlage dem Mietvertrag beigefügt und nachvollziehbar erläutert. In Betracht kommen die DIN 277, Bruttogrundfläche, Nettogrundfläche, Richtlinie zur Berechnung von Mietflächen für gewerblichen Raum (gif-Nutzfläche), herausgegeben von der gif-Gesellschaft für Immobilien wirtschaftliche Forschung e.V. vom 1.11.2004 (gif-Richtlinie), Frankfurter Aufmaß.
Auch sollte erläutert sein, ab welcher prozentualen Flächenabweichung die Miete angepasst werden soll. Wird auf die „Nettogrundfläche“ DIN 277 Bezug genommen, sollte ein Hinweis auf die Einbeziehung der Verkehrsflächen und der technischen Funktionsflächen erfolgen (Transparenzgebot!).
Haben die Parteien versäumt, eine Berechnungsmethode zu bezeichnen, sind die Flächen der Räume heranzuziehen, die in der Beschreibung der Immobilie genannt sind oder von der Grundrisszeichnung erfasst werden (KG Berlin GE 2009, 516).
Mietminderung berechnen
Steht fest, was die Parteien vereinbart haben und welche tatsächliche Nutzfläche vorhanden ist, ergibt sich die Höhe der Mietminderung aus dem Umfang der Abweichung (BGH WuM 2010, 240). Beispiel: Ist eine Nutzfläche von 120 qm maßgebend, liegt die Toleranz bei 12 qm. Erst ab 108 qm kommt eine Minderung in Betracht. Die Abweichung kann prozentual erfasst werden. Weist die Nutzfläche im Beispiel 105 qm aus, beträgt die Minderungsquote 12,5 %. Bei einer Miete von 1.200 € kann der Mieter die Miete auf 1.050 € kürzen.
Oder anders gerechnet: Es ist die Miethöhe je Quadratmeter Nutzfläche auszurechnen und der sich ergebende Quadratmeterpreis mit der tatsächlich vorhandenen Nutzfläche zu multiplizieren. Beispiel: 480 € Miete für 80 qm Nutzfläche laut Mietvertrag ergeben einen qm-Preis von 6 €. Eine Flächenabweichung von 10 qm begründet einen Minderungsbetrag von 60 € im Monat.
Die Minderung erfasst nicht nur die Fläche, die die Toleranzgrenze von 10 Prozent überschreitet, sondern erfasst die gesamte Differenz zwischen der im Mietvertrag angegebenen und der tatsächlichen Nutzfläche.
Schließlich bedeutet eine Flächenabweichung einen nicht behebbaren Mangel. Es kommt nicht darauf an, dass die Nutzbarkeit oder Gebrauchstauglichkeit des Mietobjekts beeinträchtigt ist (BGH VIII ZR 295/03 in NJW 2004, 1947). Auch ist unerheblich, ob der Vermieter die Abweichung zu vertreten hat. Er kann sich nicht damit entschuldigen, dass er die wahre Größe nicht gekannt habe, weil er die Größenangaben beispielsweise vom Voreigentümer oder aus den Bauzeichnungen übernommen habe.
Der Mieter darf nicht nur die künftige Miete kürzen, sondern kann auch für die Vergangenheit zu viel gezahlte Miete vom Vermieter zurückfordern (BGH WuM 2004, 346). Dabei muss er die Verjährungsfrist von 3 Jahren berücksichtigen, die mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem sein Anspruch entstanden ist und der Mieter Kenntnis von den Gegebenheiten erlangt hat, spätestens aber nach 10 Jahren (BGH WuM 2007, 346).
Fläche ist größer als vereinbart!
Weicht die Fläche entgegen dem Vertrag nach oben hin ab, kann der Vermieter keine Miete nachfordern. Will er die Miete erhöhen, muss er von der im Vertrag vereinbarten geringeren Fläche ausgehen, vorausgesetzt die Flächenabweichung beträgt nicht mehr als 10 % (BGH WuM 2007, 450). Wenn die Parteien im Mietvertrag eine kleinere als die tatsächliche Fläche vereinbaren, ist auch dies eine Vereinbarung i.S.d. § 557 Abs. 3 HS 2 BGB. Danach ist eine Mieterhöhung ausgeschlossen, wenn die Parteien dies ausdrücklich vereinbart haben oder wenn sich ein solcher Ausschluss aus den Umständen ergibt. Letzteres wird bei einer Vereinbarung einer zu kleinen Wohnfläche für die Mehrfläche angenommen (Weitemeyer in: Miete, 9. Aufl., § 557 BGB, Rn. 26; Emmerich, a.a.O., § 558 Rn 19; OLG Düsseldorf GE 02, 1335). Dieser Meinung hat sich der BGH ohne Benennung des Ausschlusstatbestands im Ergebnis angeschlossen (BGH 23.5.07, VIII ZR 138/06). Das gilt unabhängig davon, wie hoch die Abweichung zwischen der vereinbarten und der tatsächlichen Fläche ist. Der BGH (a.a.O.) hat aber auch vertreten, dass bei einer Flächenabweichung von mehr als 10 Prozent ein Anspruch des Vermieters gemäß § 313 BGB auf Vertragsanpassung nach den Grundsätzen des Fehlens der Geschäftsgrundlage besteht. Problematisch ist in diesem Fall, ob die Anpassung dann auf die tatsächliche Größe erfolgen muss oder auf eine um 10 Prozent kleinere Fläche, weil – so der BGH – Abweichungen bis 10 Prozent in den Risikobereich des Vermieters fallen.
Formulierungsvorschlag für eine Klausel zur Flächenberechnung
… „ Die Berechnung der Mietflächen erfolgt nach der Bruttogrundfläche gemäß DIN 277. Unwesentliche Abweichungen bis zu +/- 3 % gelten als unerheblich, so dass der Mieter aus diesem Umstand keine Gewährleistungsansprüche und der Vermieter keine höhere Miete begründen kann. Erst bei einer Abweichung von mehr als +/- 3 % wird die Miete angepasst. Auch der Vermieter ist in diesem Fall gem. § 313 BGB berechtigt und verpflichtet die Miete nach der tatsächlichen Fläche neu zu berechnen. Die Geltendmachung von Rückzahlungen und Nachzahlungen für die Vergangenheit ist ausgeschlossen. Die neue Miete gilt zum nächsten Monat ab Feststellung der Flächenabweichung.“
Für die Nutzung unserer Formulierungsvorschläge besteht keine Haftung, zumal diese zum Teil noch nicht durch gefestigte Rechtsprechung bestätigt worden sind und daher derzeit nicht feststeht, ob diese gerichtsfest bleiben werden.
Flächenabweichungen und Mieterhöhung und Betriebskostenabrechnung
Der BGH verabschiedet sich im Bereich der Mieterhöhung und der Betriebskostenabrechnung von der 10% Rechtsprechung.
Der VIII. Zivilsenat des BGH stellt fest, dass es im Rahmen des Mieterhöhungsanspruchs des Vermieters gemäß § 558 BGB nur auf die tatsächliche Größe der Wohnung ankomme. Der Vermieter solle so in die Lage versetzt werden, auch im laufenden Mietverhältnis eine angemessene und am örtlichen Markt orientierte Miete zu erzielen. Für den Vergleich im Rahmen der Bewertung der Ortsüblichkeit seien rein objektive, tatsächliche Kriterien ausschlaggebend, vertragliche Vereinbarungen – z.B. über die Wohnfläche/Haftungsausschlüsse – könnten hierfür nicht herangezogen werden. Der BGH gibt damit seine bisherige 10-Prozent-Rechtsprechung auf, nach der Flächenabweichungen erst ab mehr als 10 Prozent Rechtsfolgen für ein Mieterhöhungsverlangen haben können (z.B. BGH, Urt. v. 23.05.2007, Az: VIII ZR 138/06). Dies gilt auch bei größerer Wohnfläche als im Vertrag angegeben. Der Vermieter muss sich bei Mieterhöhungsverlangen also auch nicht an einer zu niedrig angegebenen Wohnfläche festhalten lassen, wenn die Abweichung unter 10 Prozent betragt. Er kann und muß sich bei der Berechnung der ortsüblichen Vergleichsmiete stets auf die tatsächliche Größe der Wohnung stützen. Umso wichtiger wird eine Angabe im Mietvertrag nach welcher technischen Norm diese berechnet worden ist. Nach BGH Urteil vom 31.05.2017 – VIII ZR 181/16 muß der Mieter im Mieterhöhungsprozess substantiiert zur Wohnfläche vortragen. Ein einfaches Bestreiten der vom Vermieter vorgetragenen Wohnfläche der gemieteten Wohnung ohne eigene positive Angaben genügt im Mieterhöhungsverfahren nicht den Anforderungen an ein substantiiertes Bestreiten des Mieters (im Anschluss an das Senatsurteil vom 22. Oktober 2014 – VIII ZR 41/14, NJW 2015, 475).
Dasselbe gilt auch bei der Betriebskostenabrechnung. Die Betriebskosten sind nach den tatsächlichen Gegebenheiten und nicht nach den von subjektiven Vorstellungen geprägten Parteivereinbarungen zur Wohnfläche abzurechnen. Seine frühere Rechtsprechung, wonach im Rahmen einer Betriebskostenabrechnung die vereinbarte Wohnfläche maßgeblich ist, wenn diese nicht mehr als 10 Prozent von der tatsächlichen Wohnfläche abweicht, gibt der BGH ausdrücklich auf. (BGH, Urteil v. 30.5.2018, VIII ZR 220/17)
Es wird davon ausgegangen, dass auch der XII Senat des BGH sich dieser geänderten Rechtsprechung anschließt. So dass dies auch im Gewerberaum zu berücksichtigen ist.
Für weitergehende Beratung steht meine Kanzlei gerne zur Verfügung und ist wie folgt erreichbar:
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Fachanwalt für Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht
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