Zurückbehaltungsrecht in Mietsachen
Zurückbehaltungsrechte in Mietsachen sind weiter ein Dauerthema, weil diese bei Mängeln der Mietsache als letzter Notanker herangezogen werden, um einen zur Kündigung berechtigenden Mietrückstand zu beseitigen.
Der BGH hat (durch BGH, Beschluss v. 27.10.2015, VIII ZR 288/14) in einer Wohnungsmietsache zur Höhe eines solchen Zurückbehaltungsgrechts Stellung genommen. Der BGH führt aus, dass bei der Bemessung des Leistungsverweigerungsrechts die Besonderheiten des Mietverhältnisses als Dauerschuldverhältnis zu beachten sind. Denn dabei kann das mangelbedingte Ungleichgewicht nur für die Zukunft beseitigt werden, während dem Äquivalenzverhältnis für bereits abgelaufene Zeitabschnitte bereits dadurch Rechnung getragen ist, dass der Mieter nur eine geminderte Miete zahlen muss. Das Zurückbehaltungsrecht kann nicht ohne zeitliche Begrenzung auf einen mehrfachen Betrag der monatlichen Minderung oder Kosten für die Mangelbeseitigung bemessen werden. Insbesondere muss der insgesamt einbehaltene Betrag in einer angemessenen Relation zu der Bedeutung des Mangels und der Beseitigungskosten stehen, so dass das Zurückbehaltungsrecht grundsätzlich betragsmäßig begrenzt ist.
Ferner finden sich in vielen Mietverträgen Klauseln, die ein Zurückbehaltungsrecht erst für die Zukunft vorsehen, wenn der Mieter die Ausübung dieses Rechts zuvor angekündigt hat, wie z.B.:
„Der Mieter kann gegenüber der Miete mit einer Gegenforderung nur aufrechnen oder ein Minderungs- oder Zurückbehaltungsrecht an der Miete nur ausüben, wenn er dieses mindestens einen Monat vor Fälligkeit der Miete dem Vermieter schriftlich angekündigt hat und sich mit seinen Zahlungsverpflichtungen nicht im Rückstand befindet.“
Hierzu OLG Frankfurt/Main, Urt. v. 22.12.2004 – 2 U 34/04, NZM 2005, 359
Leitsätze
1. Die Klausel in einem Formularmietvertrag über Geschäftsräume, wonach der Mieter gegenüber der Miete mit einer Gegenforderung nur aufrechnen oder ein Minderungs- oder Zurückbehaltungsrecht an der Miete nur ausüben kann, wenn er dieses mindestens einen Monat vor Fälligkeit der Miete dem Vermieter schriftlich angekündigt hat, ist wirksam, da sie den Mieter nicht unangemessen benachteiligt. Denn sie enthält kein generelles Aufrechnungsverbot, sondern trägt nur dem berechtigten Interesse des Vermieters Rechnung, sich gegen eine überraschende Aufrechnung und damit gegen einen ihn unvorbereitet treffenden Ausfall der laufenden Einnahmen aus der Vermietung zu schützen
2. Eine solche Klausel führt – jedenfalls im Bereich der gewerblichen Miete – auch dann zu keiner unangemessenen Benachteiligung des Mieters, wenn sie die Aufrechnungsbefugnis zusätzlich davon abhängig macht, dass sich der Mieter mit seinen Zahlungsverpflichtungen nicht im Rückstand befindet.
Für den Bereich der Wohnraummiete hat der BGH, Urt. v. 4.5.2011 – VIII ZR 191/10, WuM 2011, 418, hat der BGH genauso entschieden. Danach führt eine bloße Verschiebung der Durchsetzung des Minderungsrechts um ein oder zwei Monate nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung des Mieters, denn diesem bleibt für die vorangegangene Zeit ein Minderungsrecht.
Als unwirksam wurde eine solche Klausel in einem Wohnraummietvertrag jedoch erachtet, wenn sie eine schriftliche Ankündigung der Aufrechnung verlangt (LG Konstanz, Urt. v. 19.12.2013 – 61 S 30/13, NZM 2014, 389), denn § 556b Abs. 2 S. 1 BGB lässt die Ankündigung in Textform genügen. Abweichende Vereinbarungen zum Nachteil des Wohnraummieters sind gem. § 556b Abs. 2 S. 2 BGB unwirksam.
Generell unwirksam sind Klauseln, die das Mietminderungsrecht des Wohnraummieters in der Weise beschränken, dass er die Minderung nicht durch schlichten Abzug von der Miete vornehmen kann, sondern aktiv im Klagewege durchsetzen muss (BGH, Urt. v. 4.2.2009 – VIII ZR 66/08, WuM 2009, 228).
Hat der Mieter die Aufrechnung gemäß seiner vertraglichen Verpflichtung angekündigt, so kann in der anschließenden Nichtzahlung oder Kürzung der Miete eine konkludente Aufrechnungserklärung oder die Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts liegen (BGH, Urt. v. 16.3.2005 – XII ZR 269/01, GuT 2005, 162). Siehe dazu auch die Anmerkung zu LG Frankfurt/Main, Urt. v. 4.11.1986 – 2/11 S 293/86, PE 1987 Nr. 7, S. 6.
Für weitergehende Beratung steht meine Kanzlei gerne zur Verfügung und ist wie folgt erreichbar:
Stefan Göttlich
Fachanwalt für Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht
Kanzlei Bad Arolsen Kanzlei Berlin
Zum Wiggenberg 64 Brauerstrasse 15
34454 Bad Arolsen 12209 Berlin-Steglitz
T +49-5691-8068097 T +49-30-88713185
F +49-5691-80680-99 F +49-30-88713187
Mob. 0172-3133546 Mob. 0172-3133546
Email: sekretariat@goettlich.de Email: sekretariat@goettlich.de