Gewerbemietrecht
Verständnis für das Gewerbemietrecht bedarf der Befolgung einiger Grundsätze. Das Gewerbemietrecht ist aber kein eigenständiges Rechtsgebiet. Seine Grundlage bildet das Mietrecht des BGB. Dieses ist in §§ 535 – 580a BGB geregelt.
Das Mietrecht des BGB hat eigentlich den Wohnungsmieter im Auge und bezweckt dessen Schutz vor willkürlichen Maßnahmen des Vermieters. Insoweit wird im Mietrecht des BGB vornehmlich Wohnraummieterschutzrecht gesehen. Der Grund besteht darin, dass sich ein Mieter meist in einer schwächeren Position als der Vermieter befindet, so dass dieser als schutzwürdig erachtet wird.
Ein so weitgehender Schutz des Gewerbemieters ist nicht vorgesehen. Der Gewerberaummieter kann nach der Beendigung des Mietverhältnisses z.B. keinen Räumungsschutz beanspruchen auch keinen Bestandsschutz bei Zeitmietverträgen. Haben die Parteien mietvertraglich keine Mieterhöhung vereinbart, bleibt die Miete in der gesamten Laufzeit des Gewerbemietvertrages in der vereinbarten Höhe bestehen.
Vertragsfreiheit im Gewerberaummietrecht
Im Gewerbemietrecht herrscht vorwiegend Vertragsfreiheit.
Daher ist für allgemeine Vertragsbedingungen, die nicht inhaltlich individuell ausgehandelt sind, das Transparenzgebot für den Gewerberaummieter der wesentliche Schutz.
Das Schutzbedürfnis einer Vertragspartei wird insoweit abgedeckt, als die Rechtsprechung vor allem AGB-Klauseln in Gewerbemietverträgen daraufhin überprüft, ob eine der Vertragsparteien unangemessen benachteiligt wird. Dies kann sowohl den Mieter als auch den Vermieter betreffen; den Vermieter beispielsweise dann, wenn der Mieter ein großer Handelskonzern ist und der Vermieter als Einzelperson schützenswert ist.
Insoweit ergänzt die Inhaltskontrolle des AGB-Rechts das Gewerbemietrecht. Hier ist neben der unangemessenen Benachteiligung das Transparenzgebot wesentlich. Unklare Klauseln sind schlichtweg unwirksam.
Der aufgrund der Vertragsfreiheit im Vergleich zur Wohnraummiete erheblich größere Gestaltungsspielraum in Gewerbemietverträgen erfordert fachkundige Beratung, so dass sich die pauschale Übernahme vorgefertigter Vertragsentwürfe verbietet. Gerade weil Gewerbemietverträge oft langfristig abgeschlossen werden, mit erheblichen Investitionen verbunden sind und mithin die wirtschaftliche Existenzgrundlage von Mieter und Vermieter bilden, kommt es auf jedes Detail unter Berücksichtigung aktueller Rechtsprechung an.
-Gewerbemietrecht- die wichtigsten Urteile im Überblick:
Mietvorvertrag Anspruch auf Abschluss des Hauptvertrages? (Abgrenzung zu Letter of Intent)/LOI
(BGH XII ZR 40/05)
Schriftform/ Mietvertragsurkunde und Anlagen
(BGH XII ZR 143/05, XII ZR 110/08).
Wohnraum- oder Gewerbemietverhältnis? GmbH als Mieter
(BGH Urt.v.16.7.2008, VIII ZR 282/07; BGH vom 09.07.2014 VIII ZR 185/14).
Einbeziehung von AGB in Gewerbemietvertrag bei Bezugnahme
BGH NJW 1995, 190/ BGH, 27.10.1994 – IX ZR 168/93; BGH, 15.04.1997 – IX ZR 112/96
Im Gewerbemietrecht besteht Pflicht die Kaution insolvenzsicher anzulegen nur nach Vereinbarung!
BGH Urt.v.13.12.2012 Az. IX ZR 9/12
Verschuldensunabhängige Garantiehaftung des Vermieters für anfängliche Mängel
OLG Dresden, 28.07.2006 – 5 U 581/06; OLG Dresden ZMR 2006, 922
Verschuldensunabhängige Garantiehaftung des Vermieters besteht während der Dauer des Mietvertrages fort
BGH Urt.v. 21.7.2010, XII ZR 189/08
Wesentlichkeitsgrenze bei Flächenabweichungen gilt auch im Gewerbemietrecht
BGH XII ZR 254/01 in NZM 2005, 500
Kosten der kaufmännischen und technischen Hausverwaltung sind umlagefähig!
BGH Urt.v.9.12.2009, Az. XII ZR 109/08
Kosten des Center-Managements sind nicht umlagefähig!
BGH Urt.v.3.8.2011, Az. XII ZR 205/09
Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten (Reparaturen) sind umlagefähig
BGH NZM 2002, 655; Az. XII ZR 220/99
Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten für gemeinschaftlich genutzte Flächen und Anlagen sind nur mit Begrenzung der Höhe umlagefähig. Keine Umlage für Maßnahmen an „Dach und Fach“!
BGH Urt. v.6.4.2005, XII ZR 158/01 in NZM 2005, 863
Nebenkostenabrechnung muss in einem angemessenen Zeitraum erfolgen/Jahresfrist keine Ausschlussfrist
BGH, Urt.v.27.10.2010, Az. XII ZR 22/07
Zur Einbeziehung der umlagefähigen Kosten genügt Verweisung auf den Gesetzestext der Betriebskostenverordnung „BetrKV“
BGH NJW 2007, 3060
Kein Rückforderungsanspruch von Betriebskostenvorauszahlungen nach Vertragsende
BGH Urt. v. 26.9.2012, VIII ZR 315/11
Aufrechnungsverbot für Minderungsansprüche darf Mieter nicht unangemessen benachteiligen (Abkoppelungsklausel)
BGH NJW 1985, 31; BGH XII ZR 147/05 in NZM 2008, 522
Verstoß gegen Konkurrenzschutz begründet Minderungsanspruch
BGH, Urteil vom 10.10.2012, Az. XII ZR 117/10
Leerstand im Einkaufszentrum ist Risiko des Mieters
BGH • Urteil vom 16. Februar 2000 • Az. XII ZR 279/97; BGH NZM 2000, 492
Mieter trägt Verwendungs- und Gewinnerzielungsrisiko
BGH Urt. v. 17.3.2010, XII ZR 108/08 in NJW-RR 2010, 1016
Keine Betriebspflicht ohne vertragliche Vereinbarung
BGH, 04.04.1979 – VIII ZR 118/78; BGH NJW 1979, 2351
Sinkende Mietpreise machen Staffelmietvereinbarung nicht hinfällig
BGH Urteile v. 27.10.2004, Az. XII ZR 175/02 und v. 8.5. 2002, AZ XII ZR 8/00
Änderungskündigung zum Zwecke der Mieterhöhung ist keine unzulässige Rechtsausübung
BGH, 18.04.1980 – V ZR 16/79; BGH MDR 1980, 834
Samstag zählt zur Berechnung der Kündigungskarenzzeit als Werktag
BGH vom 27.04.2005, Az.: VIII ZR 206/04; BGH NJW 2005, 2154
Kein Sonderkündigungsrecht bei Kettenmietverträgen gemäß § 544 BGB
BGH, 17.04.1996 – XII ZR 168/94; BGH NJW 1996, 2028
Keine Eigenbedarfskündigung des Gewerbevermieters
BGH, 21.03.1985 – VII ZR 148/83, BGH WuM 1985, 288
Vermieter kann zwischen vereinbarter oder ortsüblicher Miete Nutzungsentschädigung nach der Kündigung geltend machen
BGH, 14.07.1999 – XII ZR 215/97; BGH ZMR 1999, 749
Wichtiger Grund zur Versagung der Erlaubnis zur Untervermietung
BGH Az. VIII ZR 161/80; BGH VII ZR 92/04
Ablehnung der Untermieterlaubnis ohne plausiblen Grund / Schikaneverbot
BGH • vom 29. April 1992 • Az. XII ZR 221/90; NJW-RR 1992, 1032
Wechsel der Vertragsparteien Schriftform
BGH, Urteil vom 20.04.2005 – XII ZR 29/02; BGH NZM 2005, 584
„Versorgungssperre“ oder „kalte Räumung erlaubt“
BGH Urt.v. 6.5.2009, Az. XII ZR 137/07
Schutzwürdigkeit des Gewerbemieters bei vorformulierten Vertragsbedingungen
BGH 08.10.2008, XII ZR 84/06
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Folgende Regelungen sind beispielsweise im Gewerbemietrecht zu beachten:
§ 580a
Ausgangspunkt und Basis des Gewerbemietrechts ist im Wesentlichen eine einzige Vorschrift des BGB. Dies ist § 580a II BGB. Dort wird für Geschäftsräume eine gegenüber dem Wohnraummietrecht abweichende Kündigungsfrist vorgegeben. Sie beträgt regelmäßig 6 Monate.
§ 578 II
Im Übrigen verweist noch § 578 II BGB darauf, dass auf Mietverhältnisse, die keine Wohnräume zum Gegenstand haben, die Vorschriften des § 552 I, § 554 I – IV und § 569 II BGB entsprechend anzuwenden sind. In Bezug auf die Gewerberaummiete findet sich keine weitere Regelung. Allenfalls spricht das BGB gewerbliche Mietverhältnisse nur noch indirekt an, insoweit, als es bestimmte Vorschriften nur für „Mietverhältnisse über Wohnraum“ für anwendbar erklärt (z.B. § 549 I BGB).
Allgemeingeltende Paragraphen
Alle anderen Vorschriften des BGB-Mietrechts sind im Gewerberaummietrecht nur anwendbar, wenn nicht der soziale Schutz des Mieters von Wohnraum maßgeblich ist. Sie sind insoweit anwendbar, als es um allgemeine mietrechtliche Fragen geht, die Wohnraummieter und Gewerberaummieter gleichermaßen betreffen.
In Wesentlichen sind für Gewerberaummietverträge folgende BGB-Paragraphen wichtig. Sie bilden regelmäßig die Grundlage, auf der im Gewerbemietvertrag eine individuelle Regelung vereinbart wird.
§ 535
Inhalt und Hauptpflichten des Mietvertrages
§ 536
Mietminderung bei Mängeln der Mietsache (Thema Mietminderung Gewerbemietrecht, Mietminderung bei Flächenabweichung Gewerbemietrecht)
§ 536a
Schadensersatzanspruch des Mieters wegen eines Mangels (Garantiehaftung des Vermieters)
§ 536b
Kenntnis des Mieters vom Mangel
§ 536c
Mängelanzeige des Mieters
§ 537
Entrichtung der Miete bei Verhinderung des Mieters
§ 538
Abnutzung der Mietsache durch vertragsgemäßen Gebrauch
§ 539
Ersatz von Aufwendungen und Wegnahmerecht des Mieters
§ 540
Untervermietung
§ 542
Kündigung des Mietverhältnisses
§ 543
Außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund (Fristlose Kündigung Gewerbemietrecht ist in wenigen Fällen möglich)
§ 544
Mietvertrag über mehr als 30 Jahre
§ 545
Stillschweigende Verlängerung des Mietverhältnisses nach Ablauf der Mietzeit
§ 546
Rückgabeverpflichtung des Mieters nach Ablauf des Mietverhältnisses
§ 550
Schriftform des Mietvertrages
§ 549 -561
(Kaution, Barrierefreiheit, Vorgaben zur Betriebskostenabrechnung, Mieterhöhung, Mietspiegel) betreffen ausschließlich den Wohnraummieter
§ 552 II
Ausschluss des Wegnahmerechts nur gegen Wertausgleich
§ 554 I – IV
Duldungspflicht des Mieters für Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen, Informationspflicht des Vermieters (Link: Modernisierung in Gewerbemietrecht: sind Kosten unsichtbar?)
§ 562b
Selbsthilferecht des Vermieters bei Gefährdung des Pfandrechts
§ 566
Kauf bricht nicht Miete
§ 566 c
Vereinbarung zwischen Mieter und Vermieter über die Miete im Verhältnis zum Erwerber
§ 566d
Aufrechnung der Miete gegen eine Forderung des Mieters (Mietminderung, Schadenersatzanspruch) (Gewerbe Mietvertrag: Aufrechnungsverbot im Vertrag)
§ 569 II
Fristloser Kündigungsgrund bei Störung des Hausfriedens
§ 580a
Kündigungsfrist im Gewerberaummietrecht
Auch im Gewerberaummietrecht gilt die Heizkostenverordnung. Danach ist der Vermieter verpflichtet, mindestens 50 % der Energiekosten verbrauchsabhängig abzurechnen.
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