Die Quotenklausel
In vielen Formularmietverträgen sind Schönheitsreparaturklauseln enthalten, die den Mieter verpflichten, die Schönheitsreparaturen nach Ablauf bestimmter gestaffelter Fristen durchzuführen.
Während des laufenden Mietverhältnisses ergeben sich selten Probleme im Zusammenhang mit den Schönheitsreparaturen. Schwierig wird es allerdings häufig beim Auszug des Mieters. Nicht immer sind nämlich im Zeitpunkt des Auszugs des Mieters auch die üblichen Fristen für die Durchführung der nächsten Schönheitsreparaturen abgelaufen und Schönheitsreparaturen damit noch nicht fällig.
Auch wird beim Auszug nicht immer Renovierungsbedarf bestehen, der die Renovierung schon vor Ablauf der Fristen erfordert. Ohne eine besondere vertragliche Regelung würde der Mieter in diesem Fall ausziehen, nicht nur ohne die Schönheitsreparaturen durchgeführt zu haben, sondern auch ohne sich an den anteiligen Renovierungskosten beteiligt zu haben. Dies empfinden Vermieter in gewissen Fällen als ungerecht, da der Abwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter nicht selten eine Entlastung des Mieters bei der Kalkulation der Miete gegenübersteht.
Der Mieter käme im Falle des Auszugs vor Fälligkeit der Schönheitsreparaturen in den Genuss einer geringeren Miete, müsste aber im Gegenzug keine Renovierungsarbeiten durchführen. Um diese vermeintliche Störung des Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung auszugleichen, nehmen viele Vermieter sog. Quotenklauseln in ihre Mietverträge auf. Mit diesen wird geregelt, dass der Mieter dem Vermieter die Renovierungskosten durch Zahlung eines Geldbetrages zu einem bestimmten Anteil zu erstatten hat, wenn er vor Fälligkeit der nächsten planmäßigen Renovierung auszieht.
Quotenklauseln sind in Wohnungsmietverträgen nicht mehr wirksam!
In Wohnungsmietverträgen sind Quotenklauseln seit dem BGH Beschluss vom 22.01.2014 Az: VIII ZR 352/12, spätestens seit dem Urteil vom 18.03.2015 Az: VIII ZR 242/13 immer unwirksam.
Zunächst hat der BGH eine Klausel „Berechnungsgrundlage ist der Kostenvoranschlag eines vom Vermieter auszuwählenden Malerfachgeschäfts“mit der Entscheidung des BGH vom 29.05.2013, VIII ZR 285/12 wegen unangemessener Benachteiligung für unwirksam erklärt.
Zuvor, im Urteil vom 26. September 2007 (VIII ZR 143/06, NJW 2007, 3632), hat der BGH Bedenken geäußert, ob eine Quotenabgeltungsklausel bei unrenoviert oder renovierungsbedürftig überlassener Wohnung der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB standhält. Zweifel wurden damit begründet, dass entweder – wenn der Mieter während der Mietzeit keine Schönheitsreparaturen durchgeführt hat – sich am Ende der Mietzeit nicht feststellen lässt, in welchem Umfang die Abnutzung durch den Mieter selbst und wie weit sie durch den Vormieter herbeigeführt worden ist, oder der Mieter – wenn er im Laufe seiner Mietzeit renoviert hat – doppelt belastet wird, indem er zusätzlich zu dem Schönheitsreparaturaufwand eine Kostenquote zu tragen hat, obwohl beziehungsweise weil er die von ihm (die Beseitigung der Abnutzung durch den Vormieter) vorgenommenen Dekorationsarbeiten noch nicht vollständig abgenutzt hat. Dahinter steht der Gedanke, dass es eine unangemessene Benachteiligung des Mieters im Sinne des § 307 BGB darstellen könnte, wenn der Mieter die Kosten für die Beseitigung von Gebrauchsspuren (mit) zu tragen hat, die nicht er, sondern der Vormieter verursacht hat (BGH Urteil vom 26. September 2007 – VIII ZR 143/06, aaO Rn. 20).
Der BGH hat in seinem Urteil vom 26. September 2007 (VIII ZR 143/06, aaO Rn.15 ff.) eine Quotenabgeltungsklausel über eine vom Vermieter renoviert überlassene Wohnung aber für unbedenklich gehalten, wenn sie eine Berücksichtigung des tatsächlichen Erhaltungszustands der Wohnung in der Weise ermöglicht, dass für die Berechnung der Quote das Verhältnis zwischen der Mietdauer seit Durchführung der letzten Schönheitsreparaturen und dem Zeitraum nach Durchführung der letzten Schönheitsreparaturen maßgeblich ist, nach dem bei einer hypothetischen Fortsetzung aufgrund des Wohnverhaltens des Mieters voraussichtlich Renovierungsbedarf bestünde (Urteil vom 26. September 2007 – VIII ZR 143/06, aaO Rn. 17 f., 29).
Mit Hinweisbeschluss vom 22.01.2014 Az: VIII ZR 352/12 hat der BGH bereits darauf hingewiesen, dass es jedoch fraglich sei, ob sich auf der Grundlage des tatsächlichen Zustands der Wohnung bei Beendigung des Mietverhältnisses eine realistische Feststellung dazu treffen lässt, welcher hypothetischen Nutzungsdauer bei „normaler“ Nutzung der bei Beendigung des Mietverhältnisses bestehende Abnutzungsgrad der einzelnen Wohnräume entspricht und ob darüber hinaus eine empirische Prognose über den (hypothetischen) Zeitpunkt des voraussichtlich eintretenden Renovierungsbedarfs bei unterstellter Fortdauer des tatsächlichen Nutzungsverhaltens des Mieters zuverlässig möglich ist oder ob dies nicht vielmehr einer Fiktion gleichkomme. Darin könnte eine unangemessene Benachteiligung des Mieters gesehen werden. Auf die Frage, ob die Wohnung renoviert oder unrenoviert überlassen wurde, käme es dann wegen einer unangemessenen Benachteiligung des Mieters nicht an. (BGH, Beschluss v. 22.01.2014 – VIII ZR 352/12)
Im Anschluss wurden durch Qoutenabgeltungsklasueln generell für unwirksam erklärt, unabhängig davon, ob es sich um eine unrenoviert oder renoviert übernommene Wohnung handelt . In den Verfahren VIII ZR 185/14, VIII ZR 21/13 und VIII ZR 242/13, welche am 18.03.2015 entschieden worden sind, wurden Schönheitsreparaturklauseln für unrenoviert übergebene Wohnungen und die Quotenklauseln generell für unwirksam erklärt. Der BGH hat zum Az: VIII ZR 242/13 die Quotenklausel für insgesamt unwirksam erklärt, weil sie von dem Mieter bei Vertragsschluss verlange, zur Ermittlung der auf ihn im Zeitpunkt der Vertragsbeendigung zukommenden Kostenbelastung mehrfach hypothetische Betrachtungen anzustellen, die eine sichere Einschätzung der tatsächlichen Kostenbelastung nicht zulassen.
Die Anforderungen des BGH an Quotenklauseln waren auch bei renoviert übergebenen Wohnräumen vor dieser BGH Rechtsprechung kaum zu erfüllen, so dass von einer Verwendung der Klausel schon lange abgeraten wurde, auch wenn diese die sonstige Regelung zu Schönheitsreparaturen nicht infiziert und damit nicht unwirksam macht.
Die Entwicklung der Rechtsprechung kann nunmehr in Gewerbemietverhältnissen noch einmal eine Rolle spielen kann. Diesseits wird davon ausgegangen, dass der XII. Senat des BGH die Rechtsansichten des VIII. Senats übernehmen wird. Schon mehrfach wurden Gewerbemieter als genauso schutzwürdig wie Wohnungsmieter erachtet. Sollte ein gewerblicher Mieter oder Vermieter mit Problemen zu einer Quotenklausel konfrontiert werden, so stehen wir gerne beratend zur Seite.
Der einzige mögliche Weg besteht nunmehr darin, die anteilige Beteiligung des Mieters an den Renovierungskosten durch Individualvereinbarung zu regeln. Diese unterliegt nicht der dargelegten strengen AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle. Hierzu ist es nicht erforderlich, dass der gesamte Mietvertrag eine Individualvereinbarung darstellt. Es ist durchaus möglich, dass ein Mietvertrag sowohl Individual- als auch Formularklauseln enthält. Eine Individualvereinbarung setzt allerdings voraus, dass der Vertragsinhalt zwischen den Parteien im Einzelnen ausgehandelt worden ist und der Mieter auf den Inhalt der Vereinbarung Einfluss hatte. Wird ein Formularmietvertrag durch eine Individualvereinbarung abgeändert oder um eine solche ergänzt, trägt allerdings der Vermieter im Streitfall die Beweislast dafür, dass es sich um eine individuell ausgehandelte Vereinbarung handelt. Diesen Beweis zu führen, ist nicht immer leicht.
Folgende Formulierung könnte gewählt werden, ohne Anspruch darauf, dass die Rechtsprechung diese als Individualvereinbarung akzeptiert:
§ xy im Mietvertrag
Übernahme der Schönheitsreparaturen im laufenden Mietverhältnis
1. Die laufenden Schönheitsreparaturen sind vom Mieter auszuführen.
2. Schönheitsreparaturen sind fachgerecht auszuführen. Die Schönheitsreparaturen umfassen das Tapezieren, Anstreichen oder Kalken der Wände und Decken, den Innenanstrich der Fenster (bei Holzfenstern), das Streichen der Türen und der Außentüren von innen, das Streichen der Heizkörper einschließlich der Heizrohre sowie das Streichen der Fußböden bzw. das Reinigen des Bodenbelags.
3. Im Allgemeinen sind Schönheitsreparaturen nach Ablauf folgender Zeiträume ab Mietvertragsbeginn auszuführen:
– in Küchen, Bädern und Duschen alle 3 Jahre
dabei sind die Innenanstriche der Fenster sowie die
Anstriche der Türen, Heizkörper alle 5 Jahre
in Wohn- und Schlafräumen, Fluren, Dielen
und Toiletten alle 5 Jahre
– in anderen Nebenräumen alle 7 Jahre.
4. Der Mieter darf bei laufenden Schönheitsreparaturen von der bisherigen Ausführungsart erheblich abweichen. Er ist für den Umfang der im Laufe der Mietzeit ausgeführten Schönheitsreparaturen beweispflichtig. Während der Mietzeit fällig gewordene Schönheitsreparaturen sind bei Mietende nachzuholen. Der Mieter ist verpflichtet, bei Rückgabe der Wohnung die auf ihn übertragenen Schönheitsreparaturen in neutralen, hellen, deckenden Farben und Tapeten auszuführen.
5. Kommt der Mieter seinen Verpflichtungen zur Ausführung von Schönheitsreparaturen trotz Aufforderung und Fristsetzung durch den Vermieter nicht nach, so ist der Vermieter berechtigt, die Arbeiten auf Kosten des Mieters auszuführen oder ausführen zu lassen; der Mieter hat die Arbeiten zu dulden.
Kostenbeteiligung des Mieters bei noch nicht fälligen Schönheitsreparaturen:
Die Wohnung wurde dem Mieter in renoviertem Zustand übergeben. Endet das Mietverhältnis, bevor Schönheitsreparaturen erstmals oder erneut gemäß Fristenplan fällig geworden sind, so ist der Mieter verpflichtet, die anteiligen Kosten der Schönheitsreparaturen nach der in Anhang 2 zum Mietvertrag vom __.__.____ getroffenen Individualvereinbarung, die wesentlicher Bestandteil des Mietvertrages ist, zu zahlen.
Anhang 2 Ergänzung zu § xy Schönheitsreparaturen
Mieter und Vermieter treffen für bei Mietende noch nicht fällige Schönheitsreparaturen folgende individuell ausgehandelte Regelung:
6.
a) Sind bei Beendigung des Mietvertrags die Schönheitsreparaturen nicht fällig, so ist der Mieter verpflichtet, anteilige Kosten für Schönheitsreparaturen an den Vermieter zu zahlen.
b) Basis der Kostenquote ist der Kostenvoranschlag eines Malerfachbetriebs. Besteht zwischen Mieter und Vermieter keine Einigkeit hinsichtlich eines Malerfachbetriebes, so sind die Parteien darüber einig, dass ein von der örtlichen Industrie und Handelskammer ausgewählter Sachverständiger die Kosten für beide Seiten verbindlich zu bestimmen hat. Die Kosten dieses Gutachters haben Mieter und Vermieter je zur Hälfte zu tragen.
c) Für die Berechnung der Quote ist maßgeblich, wie lange der Mieter die Räume seit Mietbeginn oder seit Durchführung der letzten Renovierung bewohnt hat und wann aufgrund des Wohnverhaltens des Mieters voraussichtlich erneut Renovierungsbedarf bestünde. (Beispiel: Wohndauer seit letzter Renovierung 2 Jahre. Voraussichtlicher Renovierungsbedarf seit letzter Renovierung in 5 Jahren. Kostenquote: 2/5.)
d) Renovierungsbedarf besteht in der Regel in folgenden Zeitabständen:
-in Küchen, Bädern und Duschen alle 3 Jahre
dabei sind die Innenanstriche der Fenster sowie die
– Anstriche der Türen, Heizkörper alle 5 Jahre
– in Wohn- und Schlafräumen, Fluren, Dielen
und Toiletten alle 5 Jahre
– in anderen Nebenräumen alle 7 Jahre.
e) Der Mieter kann seiner Zahlungsverpflichtung dadurch zuvorkommen, dass er vor seinem Auszug die Schönheitsreparaturen ordnungsgemäß ausführt oder ausführen lässt.
Ort, den ______________ ______________
Vermieter Mieter
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