Der werdende Wohnungseigentümer haftet beim Ersterwerb vom Bauträger bzw. teilenden Eigentümer allein für die Lasten der Wohnung, sobald er eine verfestigte Erwerbsposition erlangt hat. Der noch im Grundbuch eingetragene Veräußerer muss nicht mehr für die Lasten aufkommen. (BGH, Urteil v. 11.5.2012, V ZR 196/11)
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Beitrag
Erwerber einer Wohnung sind als werdende Wohnungseigentümer anzusehen.
In der Entstehungsphase einer Wohnungseigentümergemeinschaft kann im Innenverhältnis zwischen dem teilenden Eigentümer und den Ersterwerbern eine vorverlagerte Anwendung des Wohnungseigentumsgesetzes geboten sein. Voraussetzung ist, dass der Erwerber aufgrund einer rechtlich verfestigten Erwerbsposition ein berechtigtes Interesse daran hat, die mit dem Wohnungseigentum verbundenen Mitwirkungsrechte an der Verwaltung der Wohnanlage vorzeitig auszuüben. Eine solche Erwerbsposition ist entstanden, wenn
- ein wirksamer, auf die Übereignung von Wohnungseigentum gerichteter Erwerbsvertrag vorliegt
- der Übereignungsanspruch durch eine Auflassungsvormerkung gesichert ist und
- der Besitz an der Wohnung auf den Erwerber übergegangen ist.
Dies hat zur Folge, dass der werdende Wohnungseigentümer einerseits die Mitwirkungsrechte ausüben kann und andererseits gemäß § 16 Abs. 2 WEG die Kosten und Lasten tragen muss.
Die Grundsätze der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft sind auch auf die Ersterwerber anzuwenden, die den Besitz an der Wohnung erst nach Entstehung der Gemeinschaft erlangt haben. Vorliegend kam es deshalb nicht darauf an, ob die Erwerber der Wohnung den Besitz vor oder nach Eintragung des ersten Erwerbers ins Grundbuch und damit erst nach Entstehung der Eigentümergemeinschaft erlangt haben.
Die Erwerber haften im Verhältnis zur WEG allein für die Kosten und Lasten der Wohnung, obwohl sie noch nicht im Grundbuch als Eigentümer eingetragen sind. Der werdende Eigentümer tritt im Hinblick auf die mit dem Wohnungseigentum verbundenen Rechte und Pflichten an die Stelle des Veräußerers, dem nur in sachenrechtlicher Hinsicht das Eigentum verbleibt. Veräußerer und Erwerber haften nicht als Gesamtschuldner.
Dem Veräußerer könnten nur dann weiterhin Pflichten auferlegt werden, wenn ihm zugleich die Rechte eines Wohnungseigentümers zugestanden würden. Insbesondere muss das Stimm- und Anfechtungsrecht mit der Verpflichtung korrespondieren, Kosten und Lasten zu tragen. Stimmberechtigt ist jedoch allein der werdende Wohnungseigentümer. Es widerspräche dem mit der Anerkennung der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft verfolgten Zweck, einen frühzeitigen Übergang der Entscheidungsmacht vom Veräußerer auf die Erwerber zu gewährleisten, wenn der Veräußerer weiterhin an der Willensbildung der Gemeinschaft beteiligt würde.